Bes(sch)wingte Weihnachten in der evangelischen Kirche. Die Big Band des Überwald-Gymnasiums unter der Leitung von Sebastian Schertel bescherte die Gäste mit einer Stunde voll bekannter weihnachtlicher Melodien in manchmal ungewohnten Fassungen. Zuvor hatte das Ensemble in kleiner Besetzung zu neunt auf dem Weihnachtsmarkt auf der Hofwiese musiziert. Die Kirche war aber der deutlich bessere Aufführungsort bei Sturm und Regen, auch wenn noch einige Plätze frei waren.
„Wir haben die ganzer Woche geprobt und getan“, meinte Schertel schmunzelnd in seiner Einleitung, Er dankte den über 30 Schülern für deren Engagement über den normalen Unterricht hinaus bei der Erarbeitung des Programms, das speziell für die Weihnachtszeit einstudiert wird und die restlichen elf Monate des Jahres quasi „brach liegt“. Da es im Ensemble einen größeren Umbruch gab, viele bisherige Musizierende nach dem Abi aufhörten und Siebtklässler aus seiner Bläserklasse hinzukamen, war für Schertel die Leistung umso beachtlicher.
Mit dieser Einschätzung hatte er Recht. Was der schulische Klangkörper ablieferte, war allererste Sahne. Das Dirigat des Musiklehrers mit seinen weitausholenden Bewegungen, sein Engagement und sein Sinn fürs Details waren spürbar, wenn er scheinbar jeden einzelnen genau im Blick hatte und die Einsätze punktgenau steuerte. Die Musiker dankten es ihm, indem sie die einzelnen, teilweise sehr schwierigen Stücke auf den Punkt spielten.
Nach dem einleitenden Weihnachtswalzer ging der Swing ab. In „Rockin around the christmas tree“ gaben die Trompeten den Ton an. Sebastian Schertel schmückte die Ansagen mit ein paar persönlichen Worten aus, etwa wenn es um die Tradition ging, zuhause Astrid Lindgrens „Kinder von Bullerbü“ vorzulesen. Nicht fehlte durfte im Programm natürlich das „berühmt-berüchtigte rotnasige Rentier“, wie es der Dirigent ankündigte. Schertel sah Rudi als Synonym fürs Miteinander. Der rettete das Fest, „obwohl er vorher die kleine Hänselbacke war“. Daraus folgt: „Jeder hat seinen Platz.“
Schertel gestand seine persönliche Leidenschaft für den Weihnachtsjazz. Jeder Musiker, „der was auf sich hält“, macht einen Weihnachtssong, erläuterte er. „Das sind Nummern, bei denen wird einem warm ums Herz.“ Fernsehserien kommen ebenfalls nicht ohne das Fest-Thema aus. Beispiel dafür: „A Charlie Brown Christmas“ mit „O Tannenbaum“ als Swing-Nummer.
„Jingle Bells“ gibt es nicht nur „normal“, sondern auch als Rock. „Mal was anderes“, so der Musiklehrer. Der Song ging ab wie die Feuerwehr und ließ das Kirchenschiff swingen. Natürlich durfte „Here comes Santa Claus“ in einem solchen Programm nicht fehlen. Zuhause, mit dem neunjährigen Sohn, gibt es langsam Gespräche „ob es den wirklich gibt“, schmunzelte Schertel. Musikalisch auf jeden Fall, bewies das Orchester mitsamt den beiden Solisten Pauline Hildenbeutel und Fabian Schork, die für ihre Darbietung Zwischenapplaus erhielten. Flott gespielt, hätte Santa Claus jeden Moment von der Empore herabsteigen oder hinter dem Altar auftauchen können.
Mexikanische Weihnachten ist flotter als das europäische. Zumindest musikalisch. „Feliz navidad“ spiegelte südländische Lebensfreude pur wieder. Vom Schlagzeug vorangetrieben, mit der bekannten volltönenden Melodie, machte das Stück Lust auf mehr. Lang anhaltender Applaus war der verdiente Lohn. Stilistisch sehr vielfältig kam das Konzert der Big Band rüber: Balladen, Swing, Soul – und Walzer, der „Christmas Waltz“.
„Der ist für junge Leute mit seinem Dreivierteltakt eher ungewöhnlich“, meinte Schertel. Um dann dem Orchester zuzuflüstern: „Macht mir keine Schande.“ Er musste sich keine Sorgen machen, es lief alles bestens. Der Dirigent zeigte sich „froh und dankbar“, dass die Jugendlichen das so mitmachen, betonte er. Denn es ist „nicht so ohne“, in dieser Form professionell aufzutreten. Für das Licht in der Kirche war Leon Schmitt verantwortlich, dem er im Anschluss ebenso wie der evangelischen Kirchengemeinde dankte. „Ich denke, es ist nicht selbstverständlich, so etwas einfach so in einer Kirche machen zu können und zu dürfen“, sagte er. „Für mich hat sich das Konzept bewährt“, hob Schertel hervor.
Am Schluss des Konzertes hieß es „I‘ll be home for christmas“. Der von Kent und Gannon geschriebene Song wurde 1943 durch die Aufnahme von Bing Crosby populär, ein Jahr nach seinem Hit „White Christmas“. In der Hauptphase des Zweiten Weltkriegs reflektierte der Songtext die Sehnsüchte der Kriegsteilnehmer und ihrer Angehörigen. Die Wünsche auf frohe Weihnachten schlossen sich an. Die Zugabe war noch einmal „God rest ye mery Gentleman“.